HCS Human Capital SystemVirtuelles Lebenswerk von Heinrich Keßler, Appenweier
Kontext: "Sucht und Organisationen."


Kontext: "Sucht und Organisationen."



Begriff: "Krankheit Sucht".

Sie werden einwenden und annehmen, das Sucht, z.B. Alkoholsucht, eine Krankheit sei. Der Begriff "Krankheit" hat je nach Betrachtungsweise sehr unterschiedliche Inhalte:

Juristische und versicherungsrechtliche Betrachtungsweise.

Was eine "Krankheit" ist, entscheidet nicht der Arzt, sondern der Jurist.

Wenn der Jurist entscheidet, dass Alkoholsucht eine "Krankheit" ist, hat dies zur Folge, dass die Krankenkasse die Aufwendungen, die zur "Heilung" der Krankheit erforderlich sind, bezahlen muss. Eine solche Entscheidung hat das Oberste Sozialgericht 1986 für die Alkoholabhängigkeit getroffen: Also ist seit dort die Alkoholsucht eine "Krankheit". Auffällig ist, dass erst seit dem Beschluss des Gerichts Maßnahmen ergriffen werden, um den Alkoholkonsum zu begrenzen. Vor dem Gerichtsentscheid waren die Alkoholiker ein unattraktives, weil kaum zahlungsfähiges Krankengut. Auch heute bezahlt wohl kein "Penner" die Arztrechnungen selbst! Alkoholabhängigkeit galt vor dem Gerichtsurteil "nur" als eine Charakterschwäche.

Ontologische Betrachtungsweise.

Diese Betrachtungsweise betrachtet das SEIN. "Man" ist ein Mann, ist so und so viele Jahre alt, ist Vater eines Kindes, Ehemann, usw. Solche Seinszustände können nicht willkürlich geändert werden.

Niemand IST z.B. Alkoholiker, denn:

Ob jemand Alkoholiker IST, hängt vom Kontext der Betrachtung ab:

Der Begrüßungscocnag in der Chefetage wird z.B. oft als Begrüßungsritual und höfliche Gepflogenheit betrachtet; die täglichen drei Flaschen Bier des Arbeiters jedoch als Alkoholabhängigkeit.

Medizinische Betrachtungsweise.

Wenn wichtige Körper- und Geistesfunktionen von der Zugabe eines Stoffes abhängig sind, ist der Stoff ein Heilmittel oder eine "Medizin", die die Funktionstüchtigkeit des Körpers und des Geistes wiederherstellt oder zumindest die Dysfunktionalität reduziert. Die Zustände der nicht vollen Funktionstüchtigkeit des Körpers oder des Geistes werden volkstümlich als "Krankheiten" bezeichnet. Die Mediziner verwenden diesen Begriff kaum, sondern sprechen von "Diagnosen und Indikationen". In vielen Fällen wirkt auch Alkohol wie eine Medizin. Die Selbstmedikation mit Alkohol ist weit verbreitet. Alkohol ist ein bekanntes und gutes Antidepressivum. Es käme aber niemand auf die Idee, die medizinische Dosis von Alkohol als Alkoholismus zu bezeichnen.

Die arbeitsrechtliche Betrachtungsweise.

Es ist unstreitig, dass eine alkoholisierte Person wesentlich mehr zu Fehlleistungen mit mehr oder weniger großen Folgekosten neigt. Die Alkoholiker sind meist nicht in der Lage, die durch Alkohol angerichteten Schäden, die vermeidbar sind, aus eigener Tasche zu bezahlen. Die Kosten bleiben dem Arbeitgeber. In der Gesamtkalkulation schlagen sich deshalb Alkoholiker potenziell wesentlich teurer zu Buche als nicht alkoholabhängige Arbeitnehmer.

In den meisten Betrieben sind Maschinen, Geräte und Vorrichtungen zu bedienen oder Verrichtungen vorzunehmen, die mit der Gefahr von Verletzungen verbunden sind. Gerade deshalb ist Alkohol am Arbeitsplatz ganz einfach gefährlich, mitunter lebensgefährlich für den Alkoholiker und für andere.

Niemand kann dem Arbeitgeber zumuten, diese höheren Kosten und Risiken bei gleichzeitiger höherer potenzieller Unzuverlässigkeit der Alkoholiker zu tragen.

Eine Kündigung ist jedoch auch bei Alkoholikern nur nach eingetretenem Fehlverhalten des Arbeitnehmers möglich.

Sicherlich gibt es noch weitere Betrachtungsweisen des Begriffes "Krankheit".

In diesem Kontext wird davon ausgegangen, dass z.B. Alkoholismus KEINE Krankheit per se ist, sondern ein Verhaltens- und Kommunikationsmuster, das für den Süchtigen und sein Umfeld bestimmte Funktionen hat und diese Funktionen im Regelfall aus etwas anderem bestehen, als Leistungen für ein Unternehmen oder eine Organisation zu erzeugen.